1. Wer wir sind & Was wir tun
Freudentanz mit Herz ist ein Tanzprojekt unter dem Trägerverein Nächstenliebe e.V. In einem Jugendzentrum in München Haidhausen werden wöchentlich Tanz- und Sozialtrainings angeboten. Durch Tanz und Bewegung in der Gruppe, erfahren Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 16 Jahren Freude und Abwechslung im Alltag, sie erlernen soziale Kompetenzen in der Konfliktlösung und Kommunikation, und Werte wie Respekt und Solidarität mit anderen. Mehr als 50 Kinder besuchen regelmäßig die wöchentlichen Tanztrainings, meist auch deren Eltern. Wir arbeiten nach den Grundsätzen unseres Trägervereins Nächstenliebe e.V.: sozialraumorientiert, ressourcenorientiert, miteinander, nachhaltig, hoffnunggebend, heimatgebend, und transparent.
2. Was ist Freudentanz?
2.1 Projektbeschreibung
Die Kinder, von Freudentanz treffen sich wöchentlich, um unter Anleitung zu tanzen und Breakdance zu trainieren. Es geht dabei vor allem um die Freude am Tanzen und Turnen. Auch wenn wir Tänze einüben artet das nicht in Drill aus, vielmehr bringen unsre Kinder ihre eigenen Ideen ein. Oft kommen mehrere Kinder und führen einen Tanz vor, den sie selbst eingeübt haben, oder einzelne Kinder erfinden im Training Schritte und Figuren, führen sie vor und leiten die anderen Kinder an. Daraus entstehen Tänze, die wir aufführen können, ohne dass das Einüben zum Zwang wird. Es gibt viel Raum für Improvisation, Spiel und Spaß.
Die Mädchen, zwischen 5 und 14 Jahre alt, tanzen vor allem nach afrikanischen Vorbildern und Variationen dazu. Die Jungen, 5 bis 16 Jahre alt, interessieren sich vor allem für die gewagten „Tricks“ der Streetdancer. Unter Anleitung eines erfahrenen Breakdance-Trainers, oder mit Unterstützung von ehemaligen Freudentanz-Breakdancern wird begeistert dem großen Vorbild nachgeeifert. Auch die Kleinen zeigen eine erstaunliche Akrobatik und liefern sich gruppenweise heftige Wettkämpfe, auch „Battles“ genannt.
2.1 Zielgruppe
Derzeit begleiten wir regelmäßig 80 Kinder und Jugendliche. Etwa 50 Kinder kommen mehr oder weniger regelmäßig zum wöchentlichen Training. Es gibt zwei Mädchengruppen und eine Jungengruppe. Es helfen manchmal auch Ehemalige Besuchskinder mit, oder die Kinder bringen ihre Eltern, und andere Geschwisterkinder mit. Die Kinder stammen fast alle aus einer Unterkunft für Geflüchtete oder sind Geflüchtete, die inzwischen in einer Wohnung leben. Sie stammen aus unterschiedlichen Fluchtländern wie z.B. Nigeria, Sierra Leone, Senegal, Angola, Afghanistan, Kosovo. Alle Kinder aus der Unterkunft leben dort unter sehr ungünstigen Verhältnissen: Ganze Familien wohnen in ein oder zwei Zimmern, ein Dutzend Familien teilen sich eine Küche und die Sanitäranlagen. Es herrscht Lärm und es gibt viele Konflikte. Die Kinder sind fast alle permanent nervös, unkonzentriert, immer in Bewegung. Viele besuchen eine Förderschule, nur einige wenige schaffen einen weiterführenden Schulabschluss (z.B. Realschule). Die Eltern sind in der Regel sehr belastet, sei es durch Traumata im Herkunftsland, auf dem Fluchtweg, oder infolge der prekären Lebensbedingungen in Deutschland. In den wöchentlichen Trainings werden Ressourcen erarbeitet, die für geflüchtete Kinder essentiell zur Stress- und Traumabewältigung und für das Ankommen in Deutschland erforderlich sind (Zito, D. 2017). Das Training ist darum für viele ein Highlight und ein Ort, an dem sie ihren unerfreulichen Alltag hinter sich lassen können.
2.2 Sozialtraining
Die Trainingsnachmittage sind immer auch Sozialtraining: Wir haben eindeutige Regeln, die auf Solidarität, Respekt, Hilfsbereitschaft abzielen. Niemand wird kritisiert oder ausgelacht, beim Tanzen soll kein Konkurrenzdenken entstehen. Jede Leistung, z.B. wenn Kinder den anderen etwas vortanzen, wird wert geschätzt. Die „Battels“ der Breakdancer sind eher ein freudiges Ritual als ein Kampf. In Rollenspielen üben wir zudem angemessene Verhaltensweisen, und Konflikte werden besprochen. Da die Kinder sich täglich in der Unterkunft begegnen, gibt es zwar einerseits viele Reibungspunkte, zugleich aber bilden sie eine Gruppe, die füreinander einsteht. Viele Kinder erhalten keine regelmäßigen Mahlzeiten, daher gibt es am Ende jedes Trainingsnachmittags eine Brotzeit, bei der eine fast familiäre Stimmung entsteht. Hier wird es ruhiger und es entstehen aufbauende Gespräche.
2.3 Mehr als nur Tanztraining
Neben dem Tanzen gibt es noch weitere Aktivitäten, die zur sozialen und kreativen Förderung der Kinder beitragen. In den Ferien organisieren wir unter anderem folgende Aktionen: Ausflüge, Kino- oder Zirkusbesuch, Schwimmen oder Schlittschuhlaufen, Spielnachmittage mit Picknick im Park oder Übernachtungen im Jugendzentrum, in dem auch das Training stattfindet. Im Jahresbericht werden ein Bild dieser Vielfalt an Unternehmungen vermitteln.
Etwas Besonderes sind die jährlich stattfindenden Trainingscamps, jeweils für Jungen und Mädchen. Bei einem dreitägigen Aufenthalt in einer Jugendherberge wird getanzt, geschwommen und gespielt. Für die Kinder, denen das Konzept von Urlaub meist fremd ist, stellt das ein besonders denkwürdiges und freudiges Erlebnis dar.
Um nachhaltige Veränderung im Leben der Kinder zu erreichen, muss Unterstützung auch manchmal über das übliche Angebot hinaus gehen. Daher sehen wir auch die Begleitung des ganzen Familiensystems als Inhalt unserer Arbeit. Veränderung im Leben der Kinder kann am Besten geschehen, wenn sie unter Bedingungen aufwachsen, die ihre Entwicklung begünstigen, oder zumindest nicht behindern. Auch ihre Zukunftschancen stehen besser, wenn sie von ihrem Umfeld unterstützt und gefördert werden. Deshalb beraten und unterstützen wir auch die Eltern der Besuchskinder bei unterschiedlichen Problemlagen. Z.B. helfen wir beim Verstehen und Beantworten von Behördenbriefen, ggf. beim Umzug, unterstützen bei der Ausbildungsplatzsuche, geben Nachhilfestunden, knüpfen hilfreiche Kontakte und unterstützen gelegentlich bei Erziehungsproblemen. Somit erreichen wir nicht nur die Kinder, sondern auch deren Familien. Durch unsere Arbeit haben wir im Laufe der Zeit über 100 Familien begleitet.
3. Ausblick
Eine gute Kooperation besteht mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Jugendzentrums an der Einsteinstraße. Hier findet das wöchentliche Tanztraining statt, und das Team dort ist uns eine große Hilfe bei Veranstaltungen wie z.B. einer Faschingsfeier, einer Übernachtungsaktion, einem Selbstsicherheitstraining. Gelegentlich springen Jugendgruppen und Leos Club ein und unternehmen etwas mit einigen der Freudentanzkinder, aber wir brauchen junge Menschen, die regelmäßig mit den Kindern etwas unternehmen: spielen, basteln, sporteln… Unsere Arbeit ist also nie zu Ende und wir benötigen immer mehr Helfer und Unterstützer. Wenn Sie sich angesprochen fühlen und unsere Arbeit mit Rat und Tat unterstützen möchten, melden Sie sich gerne bei uns.
6. Literatur
Zito, D. (2017). Flüchtlinge als Kinder – Kinderflüchtlinge. In: Ghaderi, C., Eppenstein, T. (eds) Flüchtlinge. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15741-8_14 (abgerufen 31.07.2024).